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Leben · Eisenach

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Eisenach Wartburg Eisenach im Jahr 1685: Das Wahrzeichen des etwa 6000 Einwohner zählenden Städtchens, die Wartburg, blickt bereits seit mehreren Jahrhunderten von einem schmalen Felsen im Süden des Ortes auf die sie umgebenden Ausläufer des Thüringer Waldes.

Der Sage nach wurde die Wartburg 1067 von Graf Ludwig dem Springer aus dem Geschlecht der Ludowinger als Wehrburg gegründet. Der Palas der Burg, das Hauptgebäude, entstand zwischen 1170 und 1247, einer Zeit, die von Kriegen und Kämpfen um Einfluß und Besitz gekennzeichnet war. 1247, mit dem Tod Heinrich Raspes, des letzten Ludowingers, verliert die Wartburg zusehends an Bedeutung.

Aber auch im Jahr 1685 sind die Nachwirkungen einer langen kriegerischen Auseinandersetzung um Glauben und Macht zu spüren. Der dreißigjährige Krieg ist erst seit 37 Jahren mit der Unterzeichnung des Westfälischen Friedens beendet und hinterläßt ein in zahlreiche Einzelstaaten zersplittertes Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation. Zwischen vier und acht Millionen Menschen - mehr als ein Drittel der Bevölkerung - hat diesen gewaltigen Konflikt nicht überlebt. Ein Großteil des Rests ist verarmt und entwurzelt. Vor diesem Hintergrund kann man den Wunsch der Menschen nach Ordnung und Sicherheit nachvollziehen.

Politisch erlebt der Absolutismus seine Blütezeit, kulturell beginnt die Epoche des Barocks. Seit 1672 dient die Wartburg Johann Georg I., dem Herzog von Sachsen-Eisenach als Residenz.

Das durch eine Stadtmauer befestigte Eisenach wird nicht nur durch die Wartburg, sondern auch von drei weiteren Burgen beschützt. Im kleinen Städtchen befindet sich ein altes Dominikanerkloster mit einer traditionsreichen Lateinschule. Zweihundert Jahre zuvor (1498) drückte hier eine weitere berühmte Person Eisenachs die Schulbank - Martin Luther. Den geistigen Vater der protestantischen Reformation verschlug es 1521 ein zweites Mal nach Eisenach, als ihn Kurfürst Friedrich der Weise auf die Wartburg entführen ließ, um ihn vor seinen Verfolgern zu schützen. In wenigen Wochen übersetzte er dort das neue Testament vom Griechischen ins Deutsche, die Sprache des einfachen Volkes. Das alte Testament folgte später. Die neue Lutherbibel erschien 1534 und fand große Verbreitung.

Da Eisenach evangelisches Fürstentum ist, wird die vom katholischen Kirchenoberhaupt Papst Gregor XIII. 1582 veranlasste Kalenderreform nicht übernommen, sondern die Tage werden bis ins 18. Jahrhundert hinein nach dem julianischen Kalender gezählt.

Signum Johann Sebastian Bachs Geburtstag am 21. März 1685 fällt damit auf einen Samstag. Er ist das jüngste Kind des Stadtpfeifers (Hoftrompeters) Johann Ambrosius und seiner Frau Maria Elisabeth Bach (geborene Lämmerhirt). Er ist ein Nachkömmling, seine Mutter ist bereits 41 Jahre alt, als er geboren wird. Zwei Tage später wird er in der Eisenacher Hauptkirche St. Georg getauft. Das Taufpatenamt übernehmen der Leiter der Stadtmusik in Gotha, Sebastian Nagel und der Forstbedienstete Georg Koch aus Eisenach.

Cembalo Das Haus, in dem Johann Sebastian geboren wird und seine ersten zehn Lebensjahre verbringt, ist nicht mehr erhalten. Mittlerweile gilt es als sicher, dass das Bachhaus im Zentrum Eisenachs zu der damaligen Zeit zwar der Familie gehörte, Johann Sebastian allerdings in einem der heute nicht mehr existierenden einfachen Nachbarhäuser (möglicherweise auf dem Grundstück Lutherstraße 35) aufwächst. Die Familie Bach ist evangelischen Glaubens. Im Sinne Martin Luthers wird die Bibel gelesen, gesungen, gebetet, gelernt und musiziert. Musik spielt überhaupt eine sehr große Rolle, seit vielen Generationen bringt die Familie bekannte Organisten, Komponisten und Musiker hervor. Das Elternhaus dient gleichzeitig als Wohnstube und Stadtpfeiferei. Zusätzlich zur Schar der Geschwister beherbergt es auch Gesellen und Lehrlinge, die beim Vater in der Stadtpfeifer-Kunst unterrichtet werden. Nebenbei lehrt Johann Ambrosius auch seine Söhne Violine und Cembalo zu spielen.

Im Jahr 1686 stirbt der Herzog, Johann Georg I. Die Regierungsgeschäfte des Herzogtums Sachsen-Eisenach gehen damit an seinen 21jährigen Sohn Johann Georg II. über.

Lehrer mit Schülern Johann Sebastian tritt 1693, mit acht Jahren, in die Quinta der Lateinschule Eisenach ein. Da bereits für fünfjährige Kinder die Schulpflicht gilt, besuchte er vermutlich vorher eine andere (deutsche) Schule. Dokumente oder Zeugnisse davon existieren allerdings nicht. Der Unterricht ist mit dem heutigen Lehrstoff nicht vergleichbar, auf dem Stundenplan stehen Religion, lateinische Grammatik und Lesen und Schreiben in Latein und Deutsch. Die Lateinschule wird von etwa 350 Jungen besucht, Mädchen werden nicht aufgenommen. Johann Sebastians Klasse hat die - durchaus nicht ungewöhnliche - Größe von etwa achzig Schülern. Gesellschaftliche und theologische Grundkentnisse und Regeln werden durch Bibel, Katechismus und Gesangbuch von Generation zu Generation weitergegeben, ohne sie zu hinterfragen. Oberste Priorität haben Disziplin, Gehorsam und Frömmigkeit. Unterrichtet wird montags bis samstags von sechs bis neun Uhr morgens (im Winter eine Stunde später) und nachmittags von 12 bis 15 Uhr (außer am Mittwoch und Samstag).

Johann Sebastian besucht die Schule drei Jahre lang, von 1693 bis 1695. In dieser Zeit kommt er auf 96, 59 und 103 Eintragungen wegen Fehlens - wahrscheinlich, weil er im väterlichen Musikbetrieb mithelfen muss. Seine schulischen Leistungen werden von diesen zusätzlichen Aufgaben nicht beeinträchtigt. Johann Sebastian gilt als waches Kind und gehört vom ersten Schuljahr an zu den besten Schülern der Klasse.

Schon früh zeigt sich Johann Sebastians musikalisches Talent. Außerdem wird seine schöne Sopranstimme erwähnt. Sang er zunächst in dem der Schule zugehörigen Kurrendechor auf der Straße einfache Choräle gegen Naturalien und Geldgaben, wurde er später in den Chorus Symphoniacus der Georgenkirche aufgenommen, welcher den Gottesdient begleitete. Auch zu Hause kommt er durch seinen Vater und seine übrigen Verwandten ständig mit Musik in Berührung. Sein Onkel Johann Christoph beispielsweise ist Organist an der Georgenkirche.

Im Jahr 1694 trifft die Familie ein harter Schicksalsschlag. Erst stirbt Johann Sebastians Onkel Johann Christoph, kurz darauf Elisabeth, seine Mutter. Sie wird Anfang Mai 1694 beerdigt. Ein halbes Jahr später heiratet sein Vater erneut, der Haushalt kommt ohne Hausfrau nicht aus. Die Ehe mit der bereits zweifachen Witwe Keul aus Arnstadt währt nur kurz. Am 5. Februar 1695 stirbt Johann Ambrosius mit 49 Jahren. Johann Sebastian Bach ist mit neun Jahren Vollwaise.

Windrose Schulzeit bei Johann Christoph
1695-1700 · Ich habe fleißig seyn müssen · Musik, Latein und Religion in Ohrdruf